Komitee beitreten

Komitee DE (overlay)
Hiermit erkläre ich mich damit einverstanden, meinen Namen auf 
der Webseite aufführen zu lassen.
Newsletter abonnieren
Hiermit akzeptiere ich die Datenschutzbestimmung.

Testimonial beitragen

Testimonial DE (overlay)
Datei-Upload

Maximale Dateigröße: 10MB

Hiermit erkläre ich mich damit einverstanden, dass mein Testimonial auf der Webseite und in Printpublikationen erscheinen darf.
Newsletter abonnieren
Hiermit stimme ich zu die Datenschutzbestimmung zu akzeptieren.

Warum ein höheres Referenzalter nicht «kurzsichtig» sondern nachhaltig und vernünftig ist

Im «Tages-Anzeiger» wird der Untergang der Generation X herbeigeschrieben. Ältere Menschen hätten auf dem Arbeitsmarkt keine Chance mehr, denn die Wirtschaft wolle sie nicht, deshalb sei die Rente in Gefahr. Doch ein Blick in die offiziellen Statistiken zeigt: Das Gegenteil ist der Fall. Noch nie waren ältere Arbeitnehmende so gut in den Arbeitsmarkt integriert wie heute.

Ein Gespenst geht um in den Schweizer Medien: das Gespenst der «Altersguillotine». Jüngst malte Alexandra Kedves im Tages-Anzeiger ein düsteres Bild der Schweizer Arbeitswelt. Die Generation X (Jahrgänge 1965–1980) stehe vor dem Abgrund, Unternehmen würden Ü50-Mitarbeitende systematisch aussortieren, und eine Erhöhung des Rentenalters sei angesichts von «Massenentlassungen» geradezu zynisch. 

Der Text ist ein emotionales Feuerwerk – und eine statistische Nebelkerze. Denn wer das subjektive Gefühl der Unsicherheit mit der objektiven Arbeitsmarktrealität verwechselt, tut der Rentendebatte keinen Gefallen.

Fragt man den Bestatter nach der Lebenserwartung?
Das Hauptargument des Tagi-Artikels stützt sich auf eine Umfrage des Outplacement-Unternehmens Rundstedt. Laut dieser sehen 77 Prozent der Personalverantwortlichen eine Benachteiligung von Ü55-Jährigen. Das klingt dramatisch. Doch Moment: Ein Outplacement-Unternehmen verdient sein Geld damit, entlassene Manager und Fachkräfte zu betreuen. Ihr Geschäftsmodell basiert auf Friktionen im Arbeitsmarkt.

Diese Zahlen als Gradmesser für die Gesamtbeschäftigung zu nehmen, ist methodisch fragwürdig. Es ist, als würde man einen Scheidungsanwältin nach dem Zustand der Ehe oder einen Bestatter nach der durchschnittlichen Lebenserwartung fragen. Natürlich sehen sie Probleme – das ist ihr tägliches Brot. Aber: Für eine konstruktive Rentendebatte ist es wichtig, zwischen gefühlter Unsicherheit und der objektiven Realität am Arbeitsmarkt zu unterscheiden. Ein Blick in die offizielle Statistik des Bundes hilft.

Die Fakten sprechen eine andere Sprache

Wer den Tunnelblick verlässt und die volkswirtschaftliche Brille aufsetzt, sieht ein völlig anderes Bild. Die Zahlen des Bundes zeigen unmissverständlich: Der Arbeitsmarkt war in den letzten Jahren aufnahmefähig wie nie – gerade für ältere Menschen.

  1. Massive Zunahme der Ü50-Beschäftigten: Die These, ältere Personen würden aus dem Markt gedrängt, wird von der Realität widerlegt. In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der erwerbstätigen Personen über 50 um über 30 Prozent gestiegen. Das sind Hunderttausende mehr Menschen, die aktiv im Berufsleben stehen, als noch vor einer Dekade. Die Erwerbsquote der 55- bis 64-Jährigen liegt in der Schweiz inzwischen bei über 80 Prozent – ein internationaler Spitzenwert.
  2. Arbeitslosigkeit sinkt: Entgegen der medialen Unkenrufe ist das Risiko, arbeitslos zu werden, für ältere Arbeitnehmende statistisch gesehen tiefer als für jüngere. Natürlich wiegt eine Entlassung im Alter schwer und löst berechtigte Sorgen aus. Doch die Statistik bietet auch einen Lichtblick: Die Stellensuche dauert bei Ü50 etwa zwei Monate länger (die Taggelder können auch länger bezogen werden). Das ist für Betroffene eine belastende Geduldsprobe, widerlegt aber das Narrativ der Chancenlosigkeit.
  3. Der Fachkräftemangel ist real: Die demografische Entwicklung spielt den Älteren in die Hände. Die Babyboomer gehen in Rente, es rücken weniger junge Menschen nach. Unternehmen können es sich schlicht nicht mehr leisten, auf die Erfahrung der Ü50-Generation zu verzichten. Die Wirtschaft braucht diese Hände und Köpfe – und sie nutzt sie auch. 
  4. Eine Rentenaltererhöhung macht Junge weder arm noch arbeitslos:  Die Argumentation der Autorin, Alexandra Kedves, kommt zum Schluss, ein höheres Rentenalter führe zu Altersarmut und höherer Arbeitslosigkeit bei den Jungen, wenn das exakte Gegenteil der Fall ist. Je länger mit einer Rentenaltererhöhung gewartet wird, desto stärker werden die Jungen Jahr für Jahr zur Kasse gebeten, um die Renten der Rentnergeneration zu finanzieren, deren Lebenserwartung wiederum stetig ansteigt. Gerade weil wir immer länger und immer länger lange gesund leben, ist eine Rentenaltererhöhung nicht nur diskussionswürdig, sondern notwendig. Länder mit deutlich nachhaltigeren Rentensystemen wie die skandinavischen Länder oder die Niederlande haben gezeigt, wie es geht. Zu sagen, die Jungen würden verarmen, weil die Älteren länger im Arbeitsleben verbleiben, ist angesichts des Arbeitskräftemangels und unserer Demographie ebenso fehlgeleitet. 

Herausforderungen anpacken statt jammern: Focus 50 plus
Bedeutet das, dass alles perfekt ist? Natürlich nicht. Es gibt Defizite im Generationenmanagement, und es gibt teilweise Vorurteile, die abgebaut werden müssen. Aber genau hier setzt die Wirtschaft an, statt nur Probleme zu bewirtschaften.

Mit der Initiative «Focus 50 plus» engagiert sich der Schweizerische Arbeitgeberverband aktiv dafür, die Arbeitsmarktfähigkeit älterer Arbeitnehmender zu stärken und Unternehmen für das Potenzial der Generation 50+ zu sensibilisieren. 

Auch die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer sind in der Pflicht, ihren Teil beizutragen. Die Arbeitgeber beispielsweise, indem Weiterbildungen auch im fortgeschrittenen Alter noch möglich gemacht werden, oder durch regelmässige Standortgespräche. Die Arbeitnehmer sind in der Verantwortung, ihr Möglichstes zu tun, damit ihre Fähigkeiten auf dem aktuellen Stand der Erfordernisse bleiben und indem sie offen für Veränderungen bleiben. 

Falsche Rückschlüsse für eine Rentenreform
Besonders gefährlich wird die Argumentation im Tages-Anzeiger, wenn daraus politische Forderungen abgeleitet werden. Die Idee, dass Ältere den Jungen die Jobs wegnehmen, wenn sie länger arbeiten («Lump of Labor Fallacy»), ist ökonomisch längst widerlegt. Arbeit ist kein fixer Kuchen, der verteilt wird. Mehr Beschäftigung von Älteren generiert Wertschöpfung und sichert Wohlstand – auch für die junge Generation.

Es ist leicht, mit Einzelfällen von Entlassungen (Helvetia, Novartis) Emotionen zu schüren. Doch struktureller Wandel gehört zu einer dynamischen Wirtschaft dazu. Daraus abzuleiten, dass eine Erhöhung des Rentenalters oder die Flexibilisierung der Altersvorsorge «unmenschlich» sei, ignoriert die Realität: Wir werden älter, wir bleiben länger gesund, und wir arbeiten bereits heute länger und erfolgreicher, als es Kulturpessimisten wahrhaben wollen. Es ist Zeit, dass auch die mediale Debatte in der Realität ankommt.